Das DJJV-Sportabzeichen: Unterschied zwischen den Versionen

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Grundüberlegungen, Konzeption, Einführung und erste Auswertung  
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'''Grundüberlegungen, Konzeption, Einführung und erste Auswertung  
 
eines neuen Breitensportangebotes  
 
eines neuen Breitensportangebotes  
im Ju-Jutsu und Jiu-Jitsu
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im Ju-Jutsu und Jiu-Jitsu'''
  
 
Prüfungsarbeit zur  
 
Prüfungsarbeit zur  
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== Grundüberlegungen zum DJJV-Sportabzeichen ==
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# [[Das DJJV-Sportabzeichen - Grundüberlegungen|Grundüberlegungen]]
 
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# [[Das DJJV-Sportabzeichen - Inhaltliche Konzeption|Inhaltliche Konzeption]]
Dieser Abschnitt enthält zunächst einige grundlegende Betrachtungen. Beginnend mit theoretischen Überlegungen zur Motivation von Sportlern allgemein und einer Systematisierung der Angebotsformen im Sport werden schließlich die Angebote des DJJV genauer untersucht. Ziel dieses Abschnittes ist es, eine Marktlücke für ein Breitensportangebot im DJJV aufzuzeigen.
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# [[Das DJJV-Sportabzeichen - Organisatorische Konzeption|Organisatorische Konzeption]]
 
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# [[Das DJJV-Sportabzeichen - Einführung|Einführung]]
Ju-Jutsu ebenso wie Jiu-Jitsu wird im DJJV von einer Vielzahl von Sportlern mit unterschiedlichen Interessen betrieben. Es kann grob in die Bereiche Wettkampf, Selbstverteidigung und Breitensport unterschieden werden. In allen diesen Bereichen sieht der DJJV seine Zielgruppen und bemüht sich dementsprechend, passende Angebote an seine Mitglieder zu machen.
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# [[Das DJJV-Sportabzeichen - Trainingskarten|Trainingskarten]]
 
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# [[Das DJJV-Sportabzeichen - Ausblick|Ausblick]]
Die Bereiche Wettkampf und Selbstverteidigung werden durch zum Teil immer professioneller werdende zielgruppenorientierte Angebote schon sehr gut abgedeckt. Im Breitensportbereich gibt es als besondere Anreize die Graduierungsstufen mit den dazu zu absolvierenden Gürtelprüfungen.
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# [[Das DJJV-Sportabzeichen - Literaturverzeichnis|Literaturverzeichnis]]
 
 
Hierdurch sind dem im Allgemeinen in den Vereinen stattfindenden Techniktraining als motivierende Erfolgserlebnisse Ziele gesetzt. Bei den Breitensportlern ist jedoch zunehmend eine Erwartungshaltung zu beobachten, etwas geboten bekommen zu wollen, dafür jedoch nur begrenzten Einsatz bringen zu können oder wollen. Untersucht man genauer, welche Anforderungen ein Breitensportler mit dem ihm zur Verfügung stehenden Einsatz an Zeit und Trainingsfleiß erreichen kann, so stellt man Grenzen beginnend ab etwa dem 2. oder 1. Kyu-Grad fest. Dieser Punkt ist in der Regel nach zwei bis vier Jahren im Erwachsenenbereich, bei Kindern und Jugendlichen je nach Einstiegsalter entsprechend später erreicht.
 
 
 
Diesen Sportlern, jedoch auch allen anderen, die nach zusätzlichen Leistungsanreizen streben oder sich durch diese motiviert fühlen, soll ein neues Angebot unterbreitet werden. Damit dieses neue Angebot interessant ist, muss es die Teilnehmer fordern, aber nicht überfordern. Für die erfolgreiche Teilnahme an diesem Angebot soll eine Auszeichnung vergeben werden.
 
 
 
Hierzu wird ein moderater, auf die individuelle Leistungsbereitschaft der einzelnen Breitensportler abgestimmter Leistungstest ausgearbeitet und unter dem Namen „DJJV-Sportabzeichen“ vermarktet. Als Auszeichnung können Urkunden und Aufnäher erworben werden. Zielrichtung ist die allgemeine und spezielle Fitness der Sportler in einem Umfang, wie er im Breitensport noch erreichbar ist.
 
 
 
=== Leistungsstreben im Sport ===
 
 
 
Betrachtet man die unterschiedlichen Sportarten und die Möglichkeiten, hierin Bestätigung für die eigenen Leistungen zu erhalten, so stellt man unterschiedliche Ausprägungen fest, die im Folgenden kategorisiert werden sollen.
 
 
 
Zunächst einmal kann nach Wettkampf- und Individualsportausprägungen unterschieden werden. Im Wettkampf hängt der Erfolg immer davon ab, besser zu sein als andere, wohingegen im Individualsportbereich in der Regel eine vorgegebene Norm zu erfüllen ist, unabhängig von der Leistung der anderen Teilnehmer.
 
 
 
[[Datei:Leistungsbestaetigungen.jpg]]
 
 
 
<small>Klassifizierung der Leistungsbestätigungen im Sport</small>
 
 
 
==== Wettkampf ====
 
 
 
Den Wettkampfbereich kann man weiter unterteilen nach Mannschafts- und Einzelsportarten, wobei die Grenze häufig fließend ist, etwa dann, wenn eine Reihe an sich voneinander unabhängiger Einzelleistungen zu einer Mannschaftswertung zusammengezogen wird. Beispiele für reine Mannschaftssportarten sind die meisten Ballspiele wie Fußball oder Handball. Einzelsportarten sind typischerweise Disziplinen wie Laufen, Werfen, Gewichtheben usw. Auf der Grenze liegen z.B. Mannschaftswertungen im Turnen.
 
 
 
Systemimmanent im Wettkampfbereich ist, dass nicht alle Teilnehmer Erfolg haben können. Immer nur der (vermeintlich) Beste gewinnt den Wettbewerb, die anderen erhalten entweder Trostpreise (auch eine Silbermedaille soll in diesem Zusammenhang als „Trostpreis“ angesehen werden – dies liegt sicherlich im Auge des Betrachters) oder gehen ganz leer aus. Von sofern eignen sich Wettkämpfe zur Bestätigung des eigenen Leistungsvermögens nur dann, wenn der betreffende Sportler verhältnismäßig gut ist und deshalb eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass er seine erhoffte Bestätigung gegen die anderen Teilnehmer erkämpfen kann. Dies setzt ab einem gewissen Niveau einerseits ein gewisses Talent und gewisse physische Voraussetzungen für die betreffende Sportart, auf jedem Fall aber hohen Trainingsfleiß und –disziplin voraus.
 
 
 
Um die ungleichen Verhältnisse etwas abzufedern, werden hier normalerweise Klassen gebildet, die sich nach Leistungsklassen (z.B. verschiedene Ligen), Gewichtsklassen (z.B. im Kampfsport) und Altersklassen (z.B. verschiedene Jugend- oder Seniorenklassen) einteilen lassen. In der Regel wird hier auch nach dem Geschlecht unterschieden.
 
 
 
Es gibt auch Veranstaltungen (zum Beispiel Stadtläufe), die einen gemischten Leistungs- und Breitensportcharakter haben. Hier treten sowohl Sportler an, denen es um das Gewinnen geht, also auch solchen, für die Dabeisein oder das reine Erreichen des Zieles die Leistungsbestätigung ist. Hier könnte man von einer Mischform aus Wettkampf- und Individualsport sprechen, weil im Rahmen einer Wettkampfveranstaltung die Zielsetzung des einzelnen Sportlers eher dem Individualsport entspricht.
 
 
 
Die Teilnahme an Wettkämpfen geschieht normalerweise in regelmäßigen Abständen im Verlauf einer Wettkampfsaison (typischerweise ein Jahr), auf internationaler Ebene auch seltener. Dies gibt demnach auch die Frequenz vor, in der sportliche Bestätigungen erlangt werden können.
 
 
 
==== Individualsport ====
 
 
 
Im Individualsportbereich geht es bei der Erlangung sportlicher Bestätigung nur um die eigene Leistung, gemessen an einer absoluten oder relativen Skala, aber nicht im Vergleich zu anderen Teilnehmern. Trotzdem muss hier noch einmal unterschieden werden nach hierarchischen und nach zyklischen Modellen. Im hierarchischen Modell werden die Anforderungen mit jeder neuen Stufe immer schwieriger. Dafür ist es in der Regel so, dass eine einmal erklommene Stufe nicht wieder verloren gehen kann. Beispiele hierfür sind die Graduierungssysteme der Budosportarten (z.B. Ju-Jutsu im DJJV) oder die Einstufungen der Taucher (z.B. im Verband Deutscher Sporttaucher, VDST). Weiterhin gibt es Leistungsabzeichen wie die Laufabzeichen des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV) oder des Verbandes Deutscher Sporttaucher (VDST).
 
 
 
In den Budosportarten werden Graduierungen, äußerlich meistens erkennbar aufgrund der Farbe des getragenen Gürtels oder an anderen Kleidungsmerkmalen, in der Regel nach dem Bestehen einer technischen Prüfung verliehen. Beginnend bei der untersten Schülerprüfung steigen die Anforderungen mit jeder weiteren Prüfung, bis schließlich ein erheblicher Aufwand getrieben werden muss, um durch Training den gewünschten Prüfungserfolg noch erreichen zu können.
 
Einstufungen im Sporttauchbereich dokumentieren die Qualifikation des Tauchers (vergleiche DTSA Bronze, Silber und Gold bzw. CMAS*, CMAS** und CMAS*** sowie die Tauchlehrerabstufungen, siehe z.B. [Pleschka 98]). Durch Prüfungen hat der Sportler nachzuweisen, dass er die erforderlichen Kenntnisse besitzt und sie in der Praxis umsetzen kann; einmal erlangte Qualifikationsstufen werden danach nicht mehr in Frage gestellt. Dieses Modell lässt sich von sofern sehr gut mit den Graduierungen in den Budodisziplinen vergleichen.
 
 
 
Ähnlich ist es mit den Leistungsabzeichen im Laufen: Hier werden mit jeder Stufe längere Laufzeiten verlangt, bis hin zum Marathon, wobei es primär um die Ausdauerleistung geht. Mit Ausnahme des Marathon gibt es hier einfach nur die Vorgabe, für eine gewisse Zeit zu laufen. Dennoch wird ein untrainierter Sportler die Aufgabe, 30 Minuten, eine Stunde, zwei Stunden oder einen Marathon in weniger als 4:30 Stunden zu laufen nicht ohne Weiteres bewältigen können.
 
Beim Flossenschwimmen im VDST gibt es mehrere mögliche Strecken. Je nach der auf einer Strecke erreichten Zeit werden die Leistungsabzeichen erteilt, d.h. für eine höherwertige Auszeichnung muss der Teilnehmer eine bessere Zeit erzielen (siehe [VDST 03]). Zum Beispiel muss ein männlicher Sportler auf der 800m-Strecke für das Leistungsabzeichen in Bronze eine Zeit von 13:50,0 Minuten unterbieten, für Silber 13:20,0 Minuten und für Gold 12:00,0 Minuten.
 
 
 
Gemeinsam den Leistungsabzeichen und den Graduierungssystemen ist, da eine einmal erlangte Stufe nicht mehr in Frage gestellt wird, dass jede Stufe ein einmaliger Erfolg bleibt. Es bleibt dem Sportler, der nach regelmäßiger Bestätigung strebt, lediglich der Weg zur nächsthöheren Stufe (solange es noch eine gibt). Dieser Weg ist jedoch je nach den Fähigkeiten und Möglichkeiten des Sportlers durch die mit jeder Stufe steigenden Anforderungen in der Regel schon vor Erreichen der höchsten Stufe zu Ende.
 
 
 
Ergänzend oder anstelle von Graduierungs- oder Leistungsabzeichensystemen hat sich in einigen Sportarten ein Sportabzeichen etabliert. Am bekanntesten dürfte das Deutsche Sportabzeichen des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB sein [Schütte 89]. Dies 1912 als Kopie des schwedischen Idrottsmärke eingeführte Sportabzeichen zeichnet sich dadurch aus, dass es jährlich erneut erworben werden kann. Abstufungen ergeben sich aus der Anzahl der Wiederholungen: Für die erste und zweite erfolgreiche Teilnahme erhält der Sportler das Sportabzeichen in Bronze, für die dritte und vierte in Silber, und ab der fünften erfolgreichen Teilnahme in Gold. Die geforderten Leistungen sind in Normentabellen nach Alter und Geschlecht gestaffelt festgelegt. Dies stellt sicher, dass das Sportabzeichen im Breitensportbereich für eine möglichst große Zahl an Sportlern im Rahmen des Erreichbaren bleibt, und führt zu einer großen Akzeptanz in der Gesellschaft. Das Deutsche Sportabzeichen gilt als offizielles Ehrenzeichen der Bundesrepublik Deutschland. Außerdem wird von einigen Krankenkassen die erfolgreiche Teilnahme am Sportabzeichen im Rahmen von Bonussystemen als Kriterium für Vergünstigungen für ihre Versicherten anerkannt.
 
 
 
Über das Deutsche Sportabzeichen hinaus haben sich in den vergangenen Jahren für den Breitensportbereich weitere sportartspezifische Sportabzeichen etabliert. Als bekanntestes Beispiel sei hier das Judo-Sportabzeichen genannt [Keßler/Pöhler 05]. Im Kinderbereich gibt es ähnliche Programme, wie zu Beispiel die Judo-Safari.
 
 
 
==== Vergleich ====
 
 
 
Das folgende Diagramm stellt das Portfolio der einzelnen Leistungsbestätigungen nach Leistungsanforderungen und Häufigkeit der Gelegenheiten dazu dar:
 
 
 
[[Datei:Leistungsportfolio.jpg]]
 
 
 
<small>Portfolio der Leistungsbestätigungen im Sport</small>
 
 
 
Während Wettkämpfe jede Saison erneut ausgetragen werden können, in Ligen sogar innerhalb einer Saison ständige Wettkampftermine anstehen, beschränken sich Breitensportabzeichen in der Regel auf eine einmalige Teilnahme pro Jahr. Graduierungssysteme und Leistungsabzeichen erlauben in der Regel keine periodische Wiederholung derselben Leistung, stattdessen muss für die nächsthöhere Stufe auch eine höhere Leistung erbracht werden. Die zur Verfügung stehenden Stufen sind allerdings in der Regel begrenzt, weshalb hier nicht von einer wirklich periodischen Leistungsprüfung ausgegangen werden kann.
 
 
 
=== Angebotssituation im DJJV ===
 
 
 
Der DJJV bietet seinen Mitgliedern in erster Linie durch ein Graduierungssystem und mehrere Wettkampfformen die Möglichkeit, Anerkennung durch sportliche Leistung zu erwerben.
 
 
 
==== Das Graduierungssystem im Ju-Jutsu ====
 
 
 
Graduierungen im Ju-Jutsu sind ein Ausdruck des Voranschreitens eines Sportlers im Erlernen und Beherrschen des Ju-Jutsu. Dabei werden allerdings, wie in allen Budodisziplinen üblich, nur Fortschritte berücksichtigt. Mit anderen Worten: Einmal errungene Graduierungen werden später nie in Frage gestellt oder aberkannt, auch wenn der Leistungszenit dauerhaft oder zwischenzeitlich überschritten ist.
 
 
 
Da Ju-Jutsu zunächst ab Ende der 1960er Jahre als Sektion im Deutschen Judo Bund entwickelt wurde, entsprach auch das ursprüngliche Graduierungssystem dem des damals im DJV praktizierten Judo. Sechs Kyugrade, mit dem sechsten Kyu als der niedrigsten (Anfänger-) Stufe, und fünf durch Prüfung zu erwerbende Dangrade bildeten das Grundgerüst. Über den fünften Dan hinaus konnten und können Graduierungen nur ehrenhalber verliehen werden. Ergänzt wurde dieses Schema mittlerweile um Zwischengrade für den Kinderbereich.
 
 
 
Die errungenen Graduierungen sind äußerlich an der Farbe des Gürtels zum getragenen Budogi zu erkennen:
 
 
 
{| border="1"
 
!Graduierung
 
!Gürtelfarbe / Unterscheidungsmerkmal
 
|-
 
| 6. Kyu
 
| Weiß
 
|-
 
| 6. Kyu I
 
| Weiß mit Aufnäher oder SV-Gürtel Ju-Jutsu
 
|-
 
| 6. Kyu II
 
| Weiß-gelb
 
|-
 
| 5. Kyu
 
| Gelb
 
|-
 
| 5. Kyu I
 
| Gelb mit Aufnäher
 
|-
 
| 5. Kyu II
 
| Gelb-orange
 
|-
 
| 4. Kyu
 
| Orange
 
|-
 
| 4. Kyu I
 
| Orange-grün
 
|-
 
| 3. Kyu
 
| Grün
 
|-
 
| 2. Kyu
 
| Blau
 
|-
 
| 1. Kyu
 
| Braun
 
|-
 
| 1. Dan
 
| Schwarz mit einem Streifen
 
|-
 
| 2. Dan
 
| Schwarz mit zwei Streifen
 
|-
 
| 3. Dan
 
| Schwarz mit drei Streifen
 
|-
 
| 4. Dan
 
| Schwarz mit vier Streifen
 
|-
 
| 5. Dan
 
| Schwarz mit fünf Streifen
 
|-
 
| 6. Dan
 
| Rot-weiß oder rot-schwarz mit 12 roten Segmenten oder Schwarz mit 6 Streifen
 
|-
 
| 7. Dan
 
| Rot-weiß oder rot-schwarz mit 14 roten Segmenten oder Schwarz mit 7 Streifen
 
|-
 
| 8. Dan
 
| Rot-weiß oder rot-schwarz mit 16 roten Segmenten oder Schwarz mit 8 Streifen
 
|-
 
| 9. Dan
 
| Rot oder Schwarz mit 9 Streifen
 
|-
 
| 10. Dan
 
| Rot oder Schwarz mit 10 Streifen
 
|}
 
 
 
Der übliche Weg zur Erlangung einer Graduierung im Ju-Jutsu (unterhalb des 6. Dan) besteht im Ablegen einer technischen Prüfung. Dadurch verlagert sich das Problem, im Graduierungssystem eine bundesweite, einheitliche und gerechte Rangordnung festzulegen, auf die Durchführung einheitlicher und gerechter Prüfungen. Zu diesem Zwecke gibt es im DJJV eine Prüfungsordnung, welche die Durchführung von Prüfungen regelt und die prinzipiellen Anforderungen beschreibt, und ein Prüfungsprogramm, in dem für jeden durch Prüfung erreichbaren Grad festgelegt ist, welche Aufgaben ein Prüfling zu lösen hat.
 
 
 
 
 
===== Numerische Analyse der Anforderungsverteilung =====
 
 
 
Um beurteilen zu können, wie die Anforderungen mit jedem Grad steigen, benötigt man eine Skala, auf der die Anforderungen eines Grades ausgedrückt werden können. Hierzu sei im Folgenden ein Ansatz erläutert.
 
 
 
Eine technische Graduierungsprüfung besteht darin, dass in der Prüfungsordnung und im Prüfungsprogramm genau festgelegte Bewegungsaufgaben vom Prüfling zu lösen sind. Teilweise kann er dazu kreative eigene Lösungswege beschreiten, zum Teil aber sind die Bewegungen auch genau vorgegeben.
 
 
 
Eine erste grobe Auswertung der geforderten Leistungen für eine Graduierungsstufe ergibt sich aus der Anzahl der geforderten Bewegungsaufgaben. Diese lässt sich im Wesentlichen durch Auszählen der Aufgaben im Prüfungsprogramm ermitteln.
 
 
 
Bei einigen Aufgaben muss jedoch genauer differenziert werden. Da, wo der Prüfling im Vorfeld nicht weiß, welche konkrete Aufgabe der Prüfer stellen wird (zum Beispiel bei der Abfrage der Atemivorkenntnisse im Danbereich), muss der Prüfling, will er sich nicht auf sein Glück verlassen, alle in Frage kommenden Bewegungsaufgaben lösen können, auch wenn davon in der Prüfung selber nur eine verlangt werden wird. Deshalb soll in diesem Falle auch die Anzahl der vom Prüfling zu trainierenden, nicht die Zahl der tatsächlich abgefragten Aufgabenstellungen ermittelt werden.
 
Ein weiterer Fall, der das Abzählen schwierig macht, sind Aufgaben wie die Freie Anwendung, in der es von der jeweiligen Situation abhängig ist, welche Reaktionen und Handlungen angemessen sind. Hier ist es üblich, im Training zumindest einige Aktions- und Reaktionsmuster zu trainieren. Zum Beispiel könnte ein Prüfling sich auf einen Angriff des Randoripartners mit Fauststoß vorbereiten, indem er ein Ausweich-, Block- und Kontersequenz trainiert. Typischerweise dürfte es so sein, dass ein Prüfling eine begrenzte Anzahl an Standard(re)aktionen im Repertoire hat und diese auch in der Prüfung abrufen kann, um die Aufgabe zu lösen. Welche Handlungen tatsächlich im Randori ausgeführt werden, ist im Voraus nicht zu bestimmen. Nicht selten kommt es vor, dass während eines Randori sogar für den Sportler völlig neue Lösungswege für einzelne Situationen gefunden und ausgeführt werden. Deshalb ist es nicht einfach, eine sinnvolle Anzahl für solche Prüfungsaufgaben zu finden. Hier wird deshalb auf eine grobe Schätzung des Umfangs eines üblicherweise von einem Prüfling in einer Freien Auseinandersetzung abgerufenen Repertoires zurückgegriffen, die auf langjähriger Tätigkeit des Schätzenden als Prüfer beruht.
 
 
 
Für die Erstellung einer generell gültigen Auswertung gibt es noch ein weiteres Hindernis: Bei den Zwischenprüfungen werden ein Drittel, zwei Drittel oder die Hälfte der im Technikprogramm der nächsten Vollgurt geforderten Aufgaben verlangt. Was dabei als eine Technik zu sehen ist, wurde von der Jugend des DJJV jedoch so festgelegt, dass die Technikgruppen wie z.B. „3 passive Abwehrtechniken“ oder „2 Armstreckhebel“ als eine einzelne Technik in diesem Zusammenhang zählen sollen. Dies führt dazu, dass je nach Auswahl der gezeigten Techniken mal mehr und mal weniger Handlungen gezeigt werden müssen. Sei als Beispiel die Prüfung zum 6. Kyu II (weiß mit Aufnäher) genannt. Es soll ein Drittel der Techniken des nächsten Vollgurtes gezeigt werden. Zum 5. Kyu sind insgesamt 10 Techniken (im Sinne der Definition der Jugend des DJJV) im Programm vorgesehen. Davon zwei Drittel sind abgerundet 3 Techniken. Wählt der Prüfling unter diesen drei Techniken unter anderem „3 passive Abwehrtechniken“ und „2 Abwehrtechniken mit der Hand“, so hat er in der Prüfung insgesamt 6 Handlungen im Technikprogramm zu demonstrieren. Vermeidet er die Wahl dieser Aufgaben, so kommt er mit 3 Handlungen aus. Es ist also nicht allgemeingültig möglich, die Anzahl der Aufgaben in einer solchen Zwischenprüfung zu ermitteln, ohne die individuelle Wahl des Prüflings zu kennen. Vereinfachend soll hier jedoch davon ausgegangen werden, dass die minimale Anzahl solcher Aufgaben ermittelt werden soll, es wird also die geringst mögliche Anzahl an Aufgaben ermittelt, die zur Erfüllung der Prüfungsordnung ausreichend ist.
 
 
 
Ermittelt man also unter Berücksichtigung der genannten Besonderheiten die Anzahl der geforderten Aufgaben pro Gurtstufe, so erhält man die folgende Verteilung (bezogen auf das Ju-Jutsu-Prüfungsprogramm mit Stand vom 1.1.2007):
 
 
 
{| border="1"
 
!Graduierung
 
!Anzahl zu beherrschender Aufgaben
 
|-
 
| 6. Kyu I
 
| 26
 
|-
 
| 6. Kyu II
 
| 28
 
|-
 
| 5. Kyu
 
| 37
 
|-
 
| 5. Kyu I
 
| 35
 
|-
 
| 5. Kyu II
 
| 37
 
|-
 
| 4. Kyu
 
| 51
 
|-
 
| 4. Kyu I
 
| 44
 
|-
 
| 3. Kyu
 
| 59
 
|-
 
| 2. Kyu
 
| 76
 
|-
 
| 1. Kyu
 
| 88
 
|-
 
| 1. Dan
 
| 110
 
|-
 
| 2. Dan
 
| 137
 
|-
 
| 3. Dan
 
| 146
 
|-
 
| 4. Dan
 
| 153
 
|-
 
| 5. Dan
 
| 263
 
|}
 
 
 
Wie der Übersicht abzuleiten ist, steigen die Anforderungen, von den Zwischenprüfungen abgesehen, alleine von der Anzahl her stetig an. Dies kann aber nur ein erster Anhalt sein, weil eine einfache Auszählung keinen Aufschluss darüber gibt, wie anspruchsvoll die einzelnen Aufgaben sind bzw. wie viel Aufwand für einen Prüfling hinter jeder einzelnen Aufgabe steckt. So erfordert das Erlernen einer isolierten, einfachen Handlung wie ein Ausfallschritt sicherlich weniger Training als die Beherrschung einer vergleichsweise komplexen Technik wie ein Hüftwurf im Rahmen einer Kombination oder in der freien Verfügbarkeit.
 
 
 
 
 
===== Komplexitätsbezogene Analyse der Anforderungsverteilung =====
 
 
 
Ein Ansatz, solche Faktoren zumindest ansatzweise zu berücksichtigen, ist der Folgende: Man betrachte jede Aufgabe der Prüfung und klassifiziere sie nach ihrer Komplexität. Jeder Komplexität wird eine Wertigkeit zugewiesen. Niedrige Komplexität wird durch einen niedrigen, hohe Komplexität durch einen hohen Wert ausgedrückt. Auf diese Weise ist es möglich, die Komplexitäten mehrerer Aufgaben aufzuaddieren und so zu einem Gesamtwert für die Prüfungsanforderungen zu kommen.
 
Für die folgende Analyse wurde eine fünfwertige Komplexitätseinstufung vorgenommen, deren Bedeutung der Tabelle entnommen werden kann:
 
 
 
{| border="1"
 
!Komplexität
 
!Wert
 
|-
 
| Einzelne Bewegungsabläufe, deren Beherrschung mäßige bis mittlere Anforderungen an die Sportler stellt, außerhalb von Kombinationen und nicht in der freien Verfügbarkeit gefordert
 
| 1
 
|-
 
| Einzelne Bewegungsabläufe, deren Beherrschung hohe Anforderungen an die Sportler stellt, außerhalb von Kombinationen und nicht in der freien Verfügbarkeit gefordert, oder Bewegungsabläufe mit mäßigen Anforderungen an die Sportler in Kombinationen
 
| 2
 
|-
 
| Bewegungsabläufe mit mittleren Anforderungen an die Sportler in Kombinationen
 
| 3
 
|-
 
| Bewegungsabläufe mit hohen Anforderungen an die Sportler in Kombinationen oder Bewegungsabläufe mit mäßigen Anforderungen an die Sportler in freier Verfügbarkeit
 
| 4
 
|-
 
| Bewegungsabläufe mit sehr hohen Anforderungen an die Sportler in Kombinationen oder Bewegungsabläufe mit hohen Anforderungen an die Sportler in freier Verfügbarkeit
 
| 5
 
|}
 
 
 
Die Zuordnung der Komplexitätswerte zu den einzelnen Aufgaben basiert auf den subjektiven Einschätzungen erfahrener Ju-Jutsu-Trainer und –Prüfer, bleibt jedoch immer subjektiv. Dies liegt auch darin begründet, dass die Sportler unterschiedliche Voraussetzungen und Neigungen mitbringen, so dass u.U. bestimmte Technikgruppen von ihnen einfacher und andere schwieriger empfunden werden. Dennoch erscheint eine solche Einstufung von der Tendenz her gut genug, um eine Aussage über die Anforderungen in einer Prüfung daraus ableiten zu können.
 
 
 
Hierzu werden die ermittelten Komplexitätswerte aller Aufgaben einer Prüfung aufaddiert (oder vereinfacht: die Anzahl der Aufgaben in einer Gruppe von gleich komplexen Aufgaben multipliziert mit dem durchschnittlichen Komplexitätswert dieser Aufgaben). Neben einer reinen Gesamtkomplexität einer Prüfung kann man durch Division mit der Anzahl der Aufgaben der Prüfung auch einen Durchschnittswert für die Komplexität der Aufgaben jeder Prüfung ermitteln.
 
 
 
Die folgende Tabelle enthält die so ermittelten Werte für das Prüfungsprogramm des DJJV mit Stand vom 1.1.2007, unter Berücksichtigung der oben für die Zählung der Aufgaben genannten Einschränkungen und Annahmen:
 
 
 
{| border="1"
 
!Graduierung
 
!Summe der Komplexitätswerte
 
!Anzahl zu beherrschender Aufgaben
 
!Durchschnittliche Komplexität
 
|-
 
| 6. Kyu I
 
| 38
 
| 25
 
| 1,5
 
|-
 
| 6. Kyu II
 
| 49
 
| 29
 
| 1,7
 
|-
 
| 5. Kyu
 
| 69
 
| 37
 
| 1,9
 
|-
 
| 5. Kyu I
 
| 77
 
| 36
 
| 2,1
 
|-
 
| 5. Kyu II
 
| 92
 
| 41
 
| 2,2
 
|-
 
| 4. Kyu
 
| 127
 
| 51
 
| 2,5
 
|-
 
| 4. Kyu I
 
| 105
 
| 32
 
| 3,3
 
|-
 
| 3. Kyu
 
| 165
 
| 59
 
| 2,8
 
|-
 
| 2. Kyu
 
| 263
 
| 76
 
| 3,5
 
|-
 
| 1. Kyu
 
| 340
 
| 88
 
| 3,9
 
|-
 
| 1. Dan
 
| 385
 
| 110
 
| 3,5
 
|-
 
| 2. Dan
 
| 530
 
| 137
 
| 3,9
 
|-
 
| 3. Dan
 
| 571
 
| 146
 
| 3,9
 
|-
 
| 4. Dan
 
| 652
 
| 153
 
| 4,3
 
|-
 
| 5. Dan
 
| 1046
 
| 263
 
| 4,0
 
|-
 
|}
 
 
 
Leichte Abweichungen bei der Anzahl der Handlungen in den Zwischenprüfungen beruhen darauf, dass diesmal versucht wurde, nicht die minimale Anzahl an Handlungen, sondern das Minimum der Komplexität zu ermitteln. Dies ergibt sich aus der Annahme, dass es in einigen wenigen Fällen für einen Prüfling einfacher ist, zwei weniger komplexe Handlungen als eine sehr komplexe Handlung zu demonstrieren.
 
Wie der Übersicht zu entnehmen ist, steigen in der Summe die Anforderungen, berücksichtigt man nicht nur die Anzahl, sondern auch die Komplexität der Aufgaben, kontinuierlich. Auch die mittlere Komplexität steigt von der Tendenz her deutlich sichtbar an. Einzelne Abweichungen sind dadurch zu erklären, dass die Anzahl der geforderten Aufgaben schwankt. So ergibt sich zum Beispiel der im Vergleich zum 4. Dan niedrigere Durchschnittswert der Prüfung zum 5. Dan daraus, dass zusätzlich zu den hohen Anforderungen des 5. Dan auch eine große Zahl Aufgaben mit niedrigerer Komplexität hinzukommt.
 
 
 
Anzumerken ist, dass all diese Betrachtungen sich lediglich auf die Mindestanforderungen beschränken. Ein guter Prüfling wird in der Regel ein Repertoire präsentieren können, welches zum Teil weit über diese Mindestanforderungen hinaus geht – um so mehr, um so höher die angestrebte Graduierung ist.
 
 
 
Aktuelle Zahlen über die zu Prüfungen antretenden Ju-Jutsuka werden vom derzeitigen Vizepräsidenten Breitensport nicht mehr erhoben, so dass keine aktuellen Zahlen für den Bereich des gesamten DJJV vorliegen. Für den Schleswig-Holsteinischen Ju-Jutsu-Verband jedoch sind die Statistiken bekannt:
 
 
 
{| border="1"
 
!
 
!2001
 
!2002
 
!2003
 
!2004
 
!2005
 
!2006
 
!Durchschnitt
 
|-
 
| Anzahl Prüfungen
 
| 55
 
| 45
 
| 45
 
| 59
 
| 42
 
| 59
 
| 50,8
 
|-
 
| 6. Kyu I
 
| 100
 
| 122
 
| 54
 
| 86
 
| 99
 
| 60
 
| 86,8
 
|-
 
| 6. Kyu II
 
| 138
 
| 67
 
| 96
 
| 100
 
| 74
 
| 104
 
| 96,5
 
|-
 
| 5. Kyu
 
| 263
 
| 322
 
| 294
 
| 333
 
| 225
 
| 318
 
| 292,5
 
|-
 
| 5. Kyu I
 
| 16
 
| 14
 
| 20
 
| 39
 
| 15
 
| 41
 
| 24,2
 
|-
 
| 5. Kyu II
 
| 12
 
| 19
 
| 37
 
| 21
 
| 29
 
| 34
 
| 25,3
 
|-
 
| 4. Kyu
 
| 116
 
| 99
 
| 113
 
| 160
 
| 76
 
| 87
 
| 108,5
 
|-
 
| 4. Kyu I
 
| 7
 
| 6
 
| 27
 
| 10
 
| 5
 
| 14
 
| 11,5
 
|-
 
| 3. Kyu
 
| 65
 
| 35
 
| 53
 
| 65
 
| 41
 
| 42
 
| 50,2
 
|-
 
| 2. Kyu
 
| 14
 
| 31
 
| 25
 
| 23
 
| 13
 
| 22
 
| 21,3
 
|-
 
| 1. Kyu
 
| 4
 
| 8
 
| 18
 
| 10
 
| 3
 
| 10
 
| 8,8
 
|-
 
| 1. Dan
 
| 4
 
| 7
 
| 6
 
| 9
 
| 4
 
| 1
 
| 5,2
 
|-
 
| 2. Dan
 
| 3
 
| 8
 
| 9
 
| 4
 
| 3
 
| 4
 
| 5,2
 
|-
 
| 3. Dan
 
| 1
 
| 4
 
| 3
 
| 4
 
| 3
 
| 0
 
| 2,5
 
|-
 
| 4. Dan
 
| 2
 
| 1
 
| 0
 
| 1
 
| 0
 
| 0
 
| 0,8
 
|-
 
| 5. Dan
 
| 0
 
| 0
 
| 0
 
| 0
 
| 1
 
| 1
 
| 0,3
 
|-
 
| bestanden gesamt
 
| 745
 
| 743
 
| 755
 
| 865
 
| 591
 
| 738
 
| 739,5
 
|-
 
| durchgefallen
 
| 7
 
| 11
 
| 2
 
| 10
 
| 12
 
| 7
 
| 8,2
 
|-
 
| Teilnehmer gesamt
 
| 752
 
| 754
 
| 757
 
| 889
 
| 603
 
| 745
 
| 750,0
 
|-
 
|}
 
 
 
Es finden demnach im Jahr ca. 750 Ju-Jutsu Prüfungen statt. Umgerechnet auf die Mitgliederzahl des SHJJV von rund 1100 Sportlern (nur Ju-Jutsu) ergibt dies etwa 68 Prozent. Davon sind jedoch 95 Prozent im Bereich bis einschließlich drittem Kyu angesiedelt. Prüfungen oberhalb des dritten Kyu legen nur noch rund 5 Prozent der Juka ab. Hier liegen auch die meisten erfolglosen Prüfungsversuche.
 
 
 
==== Die Wettkampfsysteme des Ju-Jutsu ====
 
 
 
Im DJJV werden im Wesentlichen drei Formen des Wettkampfes ausgetragen: Das Fighting, der Duo- und der Formenwettkampf. Allen Formen ist gemein, dass es Wettkämpfe bis in den internationalen Bereich hinauf gibt (unter der Führung der IJJF), die wohlorganisiert sind und mit regelmäßigem Rhythmus das Sportjahr prägen. Auf der untersten Ebene können bereits Vereine Turniere ausrichten. Die nächsthöhere Stufe sind Bezirks- und Landesmeisterschaften. Die Gruppenmeisterschaften (Norddeutsche Meisterschaft usw.) werden von jeweils mehreren Landesverbänden gemeinsam ausgerichtet. Hier dürfen nur noch von den Ländern qualifizierte Kämpfer starten, die üblicherweise über die Landesmeisterschaften und die Kaderzugehörigkeit der Landeskader ermittelt werden. Erfolgreiche Teilnehmer der Gruppenmeisterschaften können auf den Deutschen Meisterschaften starten. Internationale Meisterschaften werden vom DJJV in der Regel mit Kadermitgliedern beschickt.
 
Zusätzliche Wettkämpfe im internationalen Bereich gibt es in Form der offenen Turniere wie zum Beispiel German Open oder Hamburg Open. Hier können die Vereine direkt melden, so dass keine Qualifikationspyramide durchlaufen werden muss, bevor der Sportler am Wettkampf teilnehmen kann.
 
Es kommt vor, dass in kleinen Landesverbänden die Landesmeisterschaften mangels Meldungen ganz oder in einzelnen Gewichtsklassen abgesagt werden; Bezirksmeisterschaften gibt es in den kleinen Landesverbänden in der Regel gar nicht.
 
 
 
Für einen guten Wettkämpfer ergeben sich je nach Landesverband durch diese Angebote etwa drei oder vier Kampfgelegenheiten pro Jahr für Kadermitglieder und ein oder zwei für Nichtkadermitglieder.
 
Die Anforderungen steigen mit der Stufe des Turniers dadurch, dass sich jeweils nur die erstplatzierten für die nächsthöhere Meisterschaft qualifizieren. Je nach Verein kann dies schon vereinsintern beginnen, wenn nur die besten Vereinsmitglieder zu Meisterschaften geschickt werden. Da sich pro Turnier nur eine einstellige Anzahl an Kämpfern zur nächsthöheren Stufe qualifiziert, bleibt die Zahl der Wettkämpfer, die es zumindest zur Gruppenmeisterschaft schaffen, schon relativ begrenzt.
 
 
 
Im Folgenden seien die drei Wettkampfformen (stark vereinfacht) erläutert.
 
 
 
===== Fighting =====
 
 
 
Im Fighting treten zwei Wettkämpfer gegeneinander an. Ziel ist es, am Ende der Kampfzeit mehr Wertungen bzw. Punkte erzielt zu haben als der Gegner. Die Wertungen werden von mehreren Kampfrichtern vergeben. Gekämpft wird in drei Abschnitten.
 
 
 
Zunächst im Stand unter Anwendung von Atemitechniken. Der Gegner darf dabei nicht wirkungsvoll getroffen werden, d.h. die Atemitechiken sind rechtzeitig vorher abzustoppen. Nicht alle Techniken sind erlaubt (z.B. Gerader Fauststoß zum Kopf). Erkennbare Treffer werden von den Kampfrichtern als Wertung angezeigt, eine gut ausgeführte Technik kann maximal mit einer Wertung namens „Ippon“ belohnt werden.
 
 
 
Gelingt es einem der Kämpfer, den anderen zu fassen, so beginnt der zweite Teil. Hier geht es darum den Gegner mit Hilfe von Wurf- oder ähnlichen Techniken zu Boden zu bringen. Während dieser Phase dürfen keine Atemitechniken mehr angewandt werden. Für die Wurftechniken werden wiederum Punkte vergeben, auch hier ist die höchste Wertung der Ippon.
 
 
 
Am Boden wird versucht, den Gegner durch Haltetechniken zu fixieren oder durch Hebel- oder Würgetechniken zur Aufgabe zu zwingen. Die Haltetechniken werden je nach gehaltener Zeit mit Punkten belohnt, ein erfolgreicher Hebel oder Würger führt zu einem Ippon.
 
 
 
Erringt ein Kämpfer in jedem Teil einen Ippon, so hat er den Kampf vorzeitig gewonnen, ansonsten werden die Wertungen nach Ende der Kampfzeit verglichen. Meistens wird in einer Form von K.O.-System gekämpft, d.h. die jeweils erfolgreichen Kämpfer jeder Runde treten in der nächsten Runde gegeneinander an, bis im Finale schließlich nur der Sieger ermittelt wird. Häufig werden Formen eines doppelten K.O.-Systems angewandt, so dass auch Kämpfer, die bereits einen Kampf verloren haben, noch weiterkommen können.
 
 
 
Es gibt keine offiziellen Zahlen vom DJJV, dennoch gibt die Tabelle qualifizierte Schätzungen der Teilnehmerzahlen an einigen Turnieren in den letzten Jahren wieder:
 
 
 
{| border="1"
 
!Turnier
 
!Teilnehmerzahl ca.
 
|-
 
| Süddeutsche Meisterschaft
 
| 200
 
|-
 
| Deutsche Meisterschaft
 
| 140
 
|-
 
| German Open
 
| 500
 
|-
 
|}
 
 
 
===== Duo =====
 
 
 
Im Duo präsentieren zwei Sportler gemeinsam Verteidigungshandlungen gegen zuvor bekannte, angesagte Angriffe. Für ihre Darstellung erhalten sie von Kampfrichtern Punkte. In der Regel treten jeweils zwei Paare gegeneinander an, das jeweils bessere Paar kommt in die nächste Runde. Ähnlich dem Fighting wird so in einem K.O.-System der Sieger ermittelt.
 
 
 
Die Angriffe sind in vier Serien zu je fünf Angriffen eingeteilt. Daraus werden drei Angriffe ausgelost und müssen dann von beiden Paaren wechselweise demonstriert werden. Die Auswahl der Verteidigungshandlungen bleibt den Sportlern überlassen, die genaue Form der Angriffe ist jedoch festgelegt.
 
 
 
Besonders wichtig bei dieser Form des Wettkampfes ist die Präsentation. Bewertet werden die Kriterien
 
 
 
# Angriff und erste Reaktion (der Angriff soll realistisch und dynamisch erfolgen, die erste Reaktion soll dazu dienen, den Angriff abzuwehren),
 
# Haltung, Effektivität und Schnelligkeit (korrekte Körperhaltung, effektive Ausführung der Techniken bei hoher Geschwindigkeit) und
 
# Kontrolle (die Handlungen sollen sicher beherrscht und die Situation kontrolliert werden).
 
 
 
Im Duo werden in der Regel die gleichen Meisterschaften ausgekämpft wie im Fighting; häufig im Rahmen derselben Veranstaltungen. Daraus ergeben sich die gleichen Jahreshöhepunkte und Wettkampfhäufigkeiten. Die Teilnehmerzahlen an den Turnieren sind, soweit bekannt, wie folgt:
 
 
 
{| border="1"
 
!Turnier
 
!Teilnehmerzahl ca.
 
|-
 
| Süddeutsche Meisterschaft
 
| 30
 
|-  
 
| Deutsche Meisterschaft
 
| 30
 
|-
 
| German Open
 
| 70
 
|-
 
|}
 
 
 
===== Formenwettkampf =====
 
 
 
Auch im Formenwettkampf werden die Präsentationen der Teilnehmer von den Kampfrichtern mit Punkten bewertet und so der Sieger ermittelt. Die Form und der Inhalt der Darstellung bleibt den Teilnehmern überlassen. Eine Mannschaft kann aus zwei bis fünf Teilnehmern bestehen.
 
 
 
Beim Formenwettkampf kommt es neben der Perfektion der Darstellung auch auf die Choreographie und unterstützende Effekte wie Musik oder Licht an. Da es bezüglich der Inhalte kaum Einschränkungen gibt, können die Teams ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Die Präsentationen sind häufig spektakulär und erzielen auch über das Ju-Jutsu hinaus Interesse und Anerkennung. Bekanntestes Beispiel dürften die Uwara Red Tigers sein, ein Formenwettkampfteam, das bereits mehrfach im deutschen Fernsehen im Rahmen der Unterhaltungssendung „Wetten dass?“ aufgetreten ist.
 
Vermutlich weil es für die Erarbeitung solcher Präsentationen einer hohen Disziplin und Trainingsbereitschaft aller Teilnehmer bedarf, und im Formenwettkampf die Anzahl der Teammitglieder häufig sehr viel höher als ein oder zwei liegt, dürfte es schwer sein, ein solches Team zusammenzustellen und zusammenzuhalten. Dementsprechend gibt es leider auch vergleichsweise wenig solche Teams und in der Konsequenz auch weniger Turniere als in den Bereichen Fighting oder Duo. Teilnehmerzahlen sind dem Autor nicht bekannt, sie dürften aber noch weit unter denen des Duo-Systems liegen.
 
 
 
==== Bedeutung für den Breitensport ====
 
 
 
Im organisierten Wettkampfgeschehen sind wohl in der Summe ein paar Tausend Teilnahmen pro Jahr zu verzeichnen. Basierend auf der Annahme, dass viele (insbesondere die erfolgreichen) Sportler an mehreren solchen Veranstaltungen teilnehmen, sei hier die These aufgestellt, dass somit nur ein verhältnismäßig kleiner, wahrscheinlich einstelliger oder knapp zweistelliger Prozentsatz der im DJJV organisierten Juka an Wettkämpfen oberhalb des Vereinsniveaus teilnimmt. Von Breitensport kann aufgrund dieser Zahlen selbst ohne Berücksichtigung der erheblichen Anforderungen an Spitzenathleten eher nicht gesprochen werden.
 
 
 
Für das Prüfungswesen kommen wir (auf Schleswig-Holstein bezogen) auf rund 66 Prozent Teilnehmer, wobei ein deutlicher Schwerpunkt auf den unteren Graden bis zum 4. oder 3. Kyu liegt. Ab 2. Kyu sinkt die Teilnehmerzahl rapide; in Schleswig-Holstein liegen wie oben gezeigt nur noch 5 Prozent der Prüfungen oberhalb des 3. Kyu. Aufgrund der Teilnehmerzahlen ebenso wie aufgrund des Anforderungsprofils liegt die Vermutung nahe, dass der Bereich Breitensport im Prüfungswesen nur im unteren Bereich der Graduierungen anzusiedeln ist. Ab in etwa dem 2. Kyu beginnt ein nicht wettkampforientierter Leistungssportbereich.
 
 
 
Die Mindestvorbereitungszeiten zwischen Gürtelprüfungen in den unteren Kyubereichen betragen, soweit im Kinderbereich keine zusätzlichen Altersbeschränkungen greifen, jeweils ein halbes Jahr. Mit dem für Breitensportler eher typischen Trainingsaufwand von rund einer Trainingseinheit pro Woche kann dies jedoch von den meisten nicht geleistet werden. Nehmen wir also tatsächliche Vorbereitungszeiten zwischen einem halben und einem Jahr an, dann ist die Schwelle zwischen 3. und 2. Kyu nach rund 3 Jahren erreicht.
 
 
 
==== Bedeutung des Leistungsangebots für die Mitglieder ====
 
 
 
Dem (westlichen) Menschen ist, wie die Beliebtheit vieler Wettkampfsportarten und Graduierungssysteme belegen dürfte, an einem sportlichen Vergleich gelegen. Dies ist in jungen Jahren offensichtlich stärker ausgeprägt als mit fortschreitendem Alter.
 
Viele große Wettkampfsportarten sind dabei in der Lage, auch den Breitensportlern adäquate Angebote zu machen, in dem zum Beispiel umfangreichen Ligensysteme von Profi- hinunter zu reinen Anfängerliegen dafür sorgen, dass jeder mit seinem Leistungsstand sich mit anderen Sportlern auf ähnlichem Leistungsstand vergleichen kann. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine hinreichend große Zahl organisierter Sportler im jeweiligen Verband, damit auf jeder Leistungsebene hinreichend viele Teilnehmer gefunden werden können.
 
 
 
Im Ju-Jutsu-Wettkampf im DJJV gibt es Anfängerturniere und Newcomer-Tage bei einigen großen Meisterschaften. Teilnehmen dürfen aber in der Regel nur Sportler, die noch nicht mehr als eine vorgegebene Anzahl an offiziellen Wettkämpfen absolviert haben, d.h. die Sportler müssen sich nach einiger Zeit entweder in den großen Turnieren mit den Leistungsträgern messen oder sich auf wenige auch noch für sie offene, aber nicht zu hoch besetzte Turniere beschränken. Die Masse an Wettkämpfern reicht für ein flächendeckendes System mit mehreren Ligen derzeit nicht aus. Deshalb ist der Wettkampf im Breitensportbereich im Ju-Jutsu über Vereinsmaßnahmen hinaus nicht etabliert.
 
Neben den Wettkampfangeboten finden sich in einigen Sportarten auch Leistungs- oder Sportabzeichen. Während Leistungsabzeichen teilweise für einen Breitensportler zumindest in den oberen Stufen in der Regel nicht mehr erreichbar sind, zielen die Sportabzeichen genau auf den Breitensportbereich. Hier sind zum Teil auch hohe Teilnehmerzahlen zu verzeichnen.
 
 
 
Graduierungssysteme sind ähnlich wie Wettkämpfe Motivation für die Sportler, durch sportliche Leistungen Ziele zu erreichen. Wie die obige Auswertung ergibt, ist die Grenze der erreichbaren Ziele jedoch für den Breitensportler bald erreicht. Von einem Breitensportangebot durch das Gürtelprüfungssystem kann zwar zu Anfang der Mitgliedschaft gesprochen werden, nach einigen Jahren jedoch verliert dies aufgrund der steigenden Anforderungen diesen Charakter.
 
Insgesamt lässt sich somit sagen, dass der DJJV seinen relativ neuen Mitgliedern ein hochwertiges Breitensportangebot macht (Anfängerturniere im Wettkampf sowie erreichbare Graduierungen), sich nach einigen Jahren jedoch eine Lücke auftut.
 
 
 
Vergleicht man dies mit den Mitgliederstatistiken der Vereine, so wird man feststellen, dass viele Sportler nach einigen Jahren den Verein wieder verlassen. Die Gründe hierfür sind sicherlich vielfältig und sollen nicht Gegenstand dieser Arbeit sein. Es sei jedoch die These aufgestellt, dass einer dieser Gründe das dünner werdende Breitensportangebot sein könnte.
 

Aktuelle Version vom 18. Oktober 2015, 13:59 Uhr

Grundüberlegungen, Konzeption, Einführung und erste Auswertung eines neuen Breitensportangebotes im Ju-Jutsu und Jiu-Jitsu

Prüfungsarbeit zur Ju-Jutsu Lehrer-Ausbildung 2006/07


  1. Grundüberlegungen
  2. Inhaltliche Konzeption
  3. Organisatorische Konzeption
  4. Einführung
  5. Trainingskarten
  6. Ausblick
  7. Literaturverzeichnis